Wann kann Kurzarbeit eingeführt werden?
Was hat der Arbeitgeber zu beachten?
Welche Rechte und Pfichten hat der Arbeitnehmer?
Die Kurzarbeit ist eine vorübergehende Kürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit bzw. die vorübergehende Kürzung des Volumens der regelmäßig geschuldeten Arbeitszeit bei anschließender Rückkehr zum vereinbarten Zeitumfang (vgl. BAG, Urteil vom 18. November 2015; Az: 5 AZR 491/14).
Gründe für die Kurzarbeit:
Der Arbeitgeber reduziert bei der Kurzarbeit in der Regel aus wirtschaftlichen Gründen oder aus anderen Gründen, die zu einem erheblichen Auftrags- und Arbeitsausfall führen können, die Arbeitszeit in seinem Betrieb. Dadurch können erhebliche Personalkosten reduziert und möglicherweise die Existenz des Betriebes erhalten werden. Die Kurzarbeit kann selbstständige Teile des Betriebes oder den gesamten Betrieb betreffen. Die Arbeitszeit kann dabei auf einen bestimmten Umfang oder auf bestimmte Tage begrenzt oder auf null reduziert werden.
Die Vorschriften der §§ 95 ff. SGB II sprechen für die Zeit der Kurzarbeit dem Arbeitnehmer ein Kurzarbeitergeld zu, um einen Teil des reduzierten Lohnes durch die Kurzarbeit auszugleichen.
Nach dem bestehenden Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Beschäftigung. Insoweit kann der Arbeitgeber die Kurzarbeit nicht ohne eine besondere Grundlage oder ohne eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer einführen. Die Einzelheiten über die Wirksamkeit von formularmäßig in den Arbeitsverträgen vereinbarten Regelungen zur Einführung der Kurzarbeit sind sehr umstritten. Klar ist, dass eine Klausel, die dem Arbeitgeber die Möglichkeit gibt, jederzeit und ohne besondere Voraussetzungen Kurzarbeit einzuführen, unwirksam ist.
Der Betriebsrat hat eine auch nur vorübergehende Verkürzung der Arbeitszeit gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erstreckt sich auf die Frage, ob Kurzarbeit eingeführt werden und in welchem Umfang und für welche Arbeitnehmer dies erfolgen soll. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht nicht, wenn alle erforderlichen Fragen abschließend im Tarifvertrag geregelt sind, vgl. § 87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz.
Auch bei der Kurzarbeit (ausgenommen Kurzarbeit null) hat der Arbeitgeber seine Hauptpflichten, nämlich die Beschäftigung des Arbeitnehmers und die Zahlung des reduzierten Lohns zu erfüllen. Als Nebenpflicht hat der Arbeitgeber zudem die Kurzarbeit anzumelden sowie die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes anzuerkennen. Dem Arbeitnehmer selbst steht nicht zu, Kurzarbeitergeld zu beantragen. Daher hat der Arbeitgeber als Nebenpflicht die Aufgabe, die Beantragung und Auszahlung des Kurzarbeitergeldes im Interesse des Arbeitnehmers sorgfältig auszuüben. Nach § 320 Abs. 1 Satz 2 SGB III hat der Arbeitgeber zudem das Kurzarbeitergeld kostenlos zu errechnen und auszuzahlen. Aufgrund seiner Fürsorgepflicht hat der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zudem die Pflicht, die Lohnsteuer korrekt zu berechnen und abzuführen. Darüber hinaus treffen den Arbeitgeber zahlreiche Meldepflichten gegenüber der Sozialversicherung. So etwa Meldepflichten gegenüber der Krankenkasse nach § 198 ff. SGB V. Der Arbeitgeber ist zudem nachweis- und mitwirkungspflichtig, etwa nach §§ 312 und 313 SGB XIII (Arbeitsbescheinigung, Nebeneinkommensbescheinigung) oder nach § 320 Abs. 1 und Abs. 3 SGB III (Aufzeichnungs- und Nachsweispflichten bei Kurzarbeitergeld und Wintergeld).
Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 AÜG kann der Arbeitgeber in demselben Wirtschaftszweig Arbeitnehmer zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen einem Dritten überlassen. Hierzu bedarf der Arbeitgeber keiner Erlaubnispflicht. Diese Vorschrift setzt jedoch voraus, dass ein sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Dritten geltender Tarifvertrag eine solche Möglichkeit zur Überlassung von Mitargeitern zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassung vorsieht.
Der Gesetzgeber hat aufgrund der Folgen der Corona-Krise § 11 a AÜG eingeführt, der auch Leiharbeitnehmern einen Zugang zur Kurzarbeitergeldförderung zum Zwecke der Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen erleichtern soll. Die Bundesregierung hat am 25. März 2020 eine entsprechende Verordnung hierzu erlassen. Die Kurzarbeiterregelungen können auf Leiharbeitnehmer lediglich unter besonderen Voraussetzungen angewendet werden. § 96 Abs. 1 SGB III setzt einen erheblichen Arbeitsausfall voraus. Zur Bestimmung dieses Arbeitsausfalles ist nicht der Entleiherbetrieb (Kundenbetrieb), sondern der Betrieb des Arbeitgebers des Leiharbeitnehmers maßgebend. Wurde im Entleihbetrieb Kurzarbeit angeordnet, bedeutet dies nicht, dass der Leiharbeitnehmer auch Kurzarbeitergeld beantragen kann. Kurzarbeitergeld kann jedoch beantragt werden, wenn die auf erheblichen Arbeitsausfall im Kundenbetrieb eingeführte Kurzarbeit auch Auswirkungen etwa in Form erheblichen Auftragsrückgangs im Verleiherbetrieb hat, sodass die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 SGB III auch im Verleiherbetrieb erfüllt sind.
Grundsätzlich sieht § 106 Abs. 3 SGB III eine volle Anrechnung des Entgelts, das aus einer Nebentätigkeit während der Kurzarbeit verdient wurde. Wegen der durch die Corona-Pandemie bestehenden Sondersituation wurden zeitweilige Regelungen durch die Bundesregierung für die Aufnahme einer Nebentätigkeit in sogenannten systemrelevanten Branchen und Berufen getroffen, die jedoch allesamt zum 31. Oktober 2020 bzw. zum 31. Dezember 2020 entfallen sind. Nach der derzeitigen Rechtslage hat der Arbeitnehmer daher während der Kurzarbeit sämtliche Hinzuverdienste auf seinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld voll anrechnen zu lassen.
Nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes besteht für Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer nicht tatsächlich gearbeitet hat, zumindest kein unionsrechtlicher Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, da kein abstraktes Erholungs- und Entspannungsbedürfnis des Arbeitnehmers vorhanden sei. Dies betreffe maßgeblich die Fälle der Kurzarbeit Null und der Elternzeit, da es für den Arbeitnehmer vorhersehbar sei, dass er tatsächlich keine Arbeitsleistung erbringen werde. Diese vom EUGH entwickelten Grundsätze hat auch das Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 19. Februar 2019, Az: 9 AZR 541/15 übernommen. Das Bundesarbeitsgericht hat seine Rechtsprechung zudem im Urteil vom 30. November 2021, Az: 9 AZR 225/21 bestätigt. Kurzarbeitsbedingt ausgefallene Arbeitstage müssen demnach zur (Neu-) Berechnung des Jahresurlaubsanspruchs nach § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz berücksichtigt werden.
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Beachte: Fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht konkret dazu auf, Urlaub zu nehmen und weist der ihn nicht klar und rechtzeitig darauf hin, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraum erlischt, bleibt der Urlaubsanspruch auch im Folgejahr bestehen und tritt zu dem Urlaubsanspruch des Folgejahres hinzu.
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